Die Welt des Schwarzen Auges - zusammengepresst in einen festen Einband
Um es vorweg zu nehmen: Die Spielhilfe
Geographia Aventurica ist eigentlich "nur" die Hardcover-Variante der zur Spiel '99 erschienenen Regionalbox
Die Welt des Schwarzen Auges. Leider wurde die bisherige Praxis von FanPro in Bezug auf neue Publikationen nicht beibehalten. Bisher war es eigentlich so, daß nur wirklich neue Publikationen einen neuen Namen bekommen, während inhaltlich kaum veränderte Publikationen den alten Namen behalten. Jedoch muß man FanPro zugestehen, daß diese Spielhilfe wenigstens den Untertitel
Die Welt des Schwarzen Auges trägt. Vom Oktober 1999 bis zum Juni 2003 (dem Erscheinungstermin der "neuen" Spielhilfe) hat sich nicht so viel in Aventurien getan - was die neue-alte Spielhilfe den Besitzern der alten Box
Die Welt des Schwarzen Auges bringt, wird am Ende geklärt.
Zurück zur eigentliche Rezension:
Im Oktober 2001 wurde mit der neuen Regelbox namens Das Schwarze Auge die vierte Regeledition eingeläutet. Einige Zeit darauf wurde publik, daß fürderhin die Regionalboxen nicht mehr als Boxen sondern als Spielhilfen im Hardcover-Einband erscheinen sollten. Da kam dann die Idee auf, auch die bisherige "Generalbeschreibung Aventuriens" erneut herauszubringen, diesmal mit Hardcover-Einband - eben die hier vorliegende Geographia Aventurica.
Diese Rezension wird erst einmal den Inhalt vorstellen und dann einen Vergleich zwischen der Box Die Welt des Schwarzen Auges und der Spielhilfe Geographia Aventurica ziehen - und dabei auch ein wenig auf die Box Das Land des Schwarzen Auges, die Vorgängerin der Welt-Box, eingehen.
Das Äußere
Edel sieht sie aus - die neue Spielhilfe: Ein schmucker farbiger Einband, 258 Seiten eines "handfreundlichen" Papiers, ein grünes Bandlesezeichen und im hinteren Buchdeckel eine Lasche für eine große Aventurienkarte im A1-Format, eine politische Aventurienkarte aus dem Jahre 30 Hal in A3 und auf deren Rückseite eine Karte der bekannten Welt aus dem Jahre 2515 Horas (für die, die nicht rechnen wollen: das ist ebenfalls 30 Hal). Und auch der Rücken kann entzücken - trägt er zwar die bis vor kurzem in aventurischen Kreisen noch ungebräuchliche 0, doch wird damit nur angedeutet, daß diese Spielhilfe ein wenig außerhalb der Reihe der aventurischen Regionalbeschreibungen erscheint. Was jedoch noch viel interessanter ist bzw. werden wird: Die Buchrücken der kommenden Spielhilfen werden in der korrekten Reihenfolge, wenn sie vollständig im Regal stehen, die Aventurien-Karte zeigen. Daher sieht man hier auch nur den äußersten Westen Aventuriens mit einigen nordwestlichen Inseln, von denen z.B. Gandar wohl am bekanntesten sein dürfte.
Der Inhalt
Die Spielhilfe kann man grob in zwei Teile einteilen:
Im ersten Teil wird Aventurien selbst beschrieben, erst der Kontinent allgemein und dann die verschiedenen Regionen von Norden bis Süden. Die einzelnen Gebiete werden zwar nicht en detail, aber für einen Gesamtüberblick, mehr als ausreichend vorgestellt: Stimmung, Besonderheiten, Städte und Übersichten über die Abenteuer, die in den jeweiligen Regionen spielen. Doch auch fernere Gestade werden auf jeweils ein paar Seiten aufgeführt:
So führen drei Seiten die Leserschaft über das Perlenmeer hin in das Riesland, dem aventurischen Nachbarkontinent hinter dem Ehernen Schwert. Danach geht es dann direkt jenseits des Südmeeres in die sogenannte südliche Charpytik. Dann - fast möchte man "endlich!" rufen - geht es über das auch beschriebene Meer der Sieben Winde ins Güldenland, dem sagenumwobenen Kontinent im Westen Aventuriens, der inzwischen unter dem dort gebräuchlichen Namen Myranor bekannt(er) sein dürfte.
Der zweite Teil der Spielhilfe widmet sich dann wieder verstärkt dem aventurischen Kontinent: In zahlreichen einzelnen Kapiteln werden verschiedene Aspekte des aventurischen Lebens beschrieben: Hier findet man alles wichtige zur Bildung, den aventurischen Gesellschaftsformen, Handel, Recht und Gesetz, Sprachen, Sport und Spiel, Heraldik, das Heer- und Flottenwesen Aventuriens, die Astronomie usw.usf.
Danach werden die wichtigsten Persönlichkeiten Aventuriens (getrennt nach der ungefähren jeweiligen Region) kurz vorgestellt (inklusive Hinweisen wie man sie in Abenteuer einbauen kann). Von den "wichtigeren" Personen gibt es dann auch gleich schöne Portraitdarstellungen, die zum größtenteil von Caryad angefertigt worden sind.
Im Anhang findet sich noch eine Liste der Dynastien der wichtigsten aventurischen Herrscherhäuser mit ihren Regierungszeiten, ein immerwährender Kalender, ein Vergleich der aventurischen Zeitrechnungen und eine Entfernungstabelle der aventurischen Städte. Ein zweiseitiger Index am Ende rundet das ganze ab und ermöglicht es bestimmte Artikel oder aber Personenbeschreibungen schnell zu finden.
Im Vergleich zur Welt bzw. zum Land...
Der grundsätzliche Aufbau der Geographia Aventurica orientiert sich an der Vorgängerbox Die Welt des Schwarzen Auges, die sich dahingehend an der älteren Publikation Das Land des Schwarzen Auges orientiert hat.
In der Welt-Box gab es die beiden Textbände Die Welt des Schwarzen Auges und Enzyklopaedia Aventurica, deren Inhalte, in der neuen Spielhilfe Geographia Aventurica zusammengefasst worden sind. Dabei hat die Redaktion hier nicht einfach das ganze 1:1 umgesetzt und erst den Text des ersten Bandes genommen um dann dahinter den zweiten Textteil zu packen. Grundsätzlich befindet sich am Anfang der Inhalt des Welt-Bandes, bei der Reihenfolge der einzelnen Kapitel wurde das ganze jedoch teilweise etwas angepasst und neu sortiert.
Was ist neu gegenüber der Welt-Box?
Vom offensichtlichen mal abgesehen (dem Hardcover-Einband) gibt es auch so Neuerungen. Nicht nur, daß der Text über die bewegte aventurische Geschichte an die vergangenen Ereignisse angepasst bzw. damit erweitert wurde, auch bei anderen Texten wurde einiges überarbeitet (so z.B. der teilweise etwas "flapsig" wirkende Geschichts-Text über die Anfänge des Universums); insgesamt soll rund ein Fünftel der Texte aktualisiert worden sind. Jedoch - im direkten Vergleich zu den Änderungen von der Land- zur Welt-Box - sind diese marginal gehalten. Auffallend ist jedoch, daß alle Jahresangaben neuerdings nach Bosparans Fall datiert werden - was wohl auch daran liegt, daß demnächst die bisher bekannte Zeitrechnung nach Hal in den Annalen Aventuriens verschwindet.
Schade jedoch, daß man dennoch einigen Texten deutlich anmerkt, daß sie 1:1 übernommen worden sind, obwohl man da was hätte aktualisieren können - wenn nicht sogar müssen. Als ein Beispiel sei die Beschreibung des Horasreiches gedacht (einer Region, die für Vinsalts DSA-Service von naheliegendem Interesse ist). Diese Texte dort wurden anscheinend einfach so übernommen wie in der alten Welt-Box, denn auch wenn die Box mit den Geschichtsdaten erneuert wurde, so wird z.B. die Person des Staatsadmirals Gilmon Quent dort erwähnt - der jedoch irdisch gesehen schon 2001 durch Praïokles Aleistos ersetzt wurde.
Neu ist jedoch z.B. die Abhandlung über die Astrologie, in der z.B. die Bedeutungen der einzelnen Sternbilder aufgelistet werden und die mit der Optionalregel Göttergeschenke aufwartet - eine Regel, die bei der Heldenerschaffung der dritten DSA-Edition schon bekannt war, jetzt in der vierten DSA-Edition aber deutlich ausgewogener ist.
Eine kleine Änderung gibt es auch beim Kartenwerk - denn auch wenn alle Karten aus der Welt-Box weiterhin in dieser Spielhilfe enthalten sind, so ist doch die eigenständige historische Weltkarte im A2-Format weggefallen. Stattdessen gibt es sie nun (im kleineren A3-Format) auf der Rückseite der politischen Karte.
Fehlerkorrektur?
Die der alten Welt-Box direkt beiliegende Errata-Seite (es wurden damals aus Versehen einige Städte wie z.B. Havena und Punin in der Beschreibung vergessen) ist vollständig hinfällig geworden, da diese Städte jetzt im korrekten Fließtext zu finden sind. Leider war es jedoch anscheinend nicht möglich einen schon bei der Welt-Box kritisierten Fehler auf der politischen Karte (Beilunk gehört da zu den Schwarzen Landen) zu korrigieren. Man erwartet das natürlich nicht, wenn die gleiche Karte nochmal in einer neuen Publikation auftaucht - da jedoch die Karte neu gedruckt wurde (wie oben berichtet, ist ja die historische Karte auf die Rückseite gedruckt worden) und die Kartendaten wohl elektronisch vorliegen, hätte man das vielleicht erledigen können.
Erledigt wurde jedoch ein gewisser Annlir Aneirin Galahan, der damals in dem Enzyklopaedia-Band der Welt-Box der neue Markgraf von Windhag war, während in dem Welt-Band der gleichen Box es Radulf Eran Galahan war. In der Geographia Aventurica gibt es nur noch letzteren und auch einige andere Fehler wurden korrigiert.
Fazit I
Die Spielhilfe Geographia Aventurica bietet einen guten Überblick über ganz Aventurien. Wer sich in der Welt des Schwarzen Auges auskennen will, braucht diese Spielhilfe, mit der man Informationen über alle möglichen Aspekte Aventuriens (und Teilen der Nachbarkontinente) erfährt. Wer zu einer speziellen Region, wie z.B. dem Horasreich, genauere Informationen haben möchte, der kommt natürlich nicht um die entsprechende Regionalbox (bzw. in Kürze Regionalspielhilfe) herum. Wer aber nicht so tief in die Materie einsteigen will findet mehr als ausreichende Informationen hier in den Texten dieser Spielhilfe und viele allgemein gültige Informationen.
Doch nicht nur die Texte gefallen, auch die Gestaltung der Spielhilfe:
Die neue Aufmachung der Spielhilfen als Hardcover-Bücher macht wirklich etwas her, das ganze sieht im Buchregal einfach edler aus, als wenn man aus irgendwelchen Pappkartons Bände mit einfachem Softcover-Einband herausholt. Das Titelbild der Geographica Aventurica wurde von Thomas Thiemeyer gezeichnet, wobei es sich anscheinend nicht um eine extra für diese Spielhilfe in Auftrag gegebene Illustration handelt, trägt doch das Bauwerk linkerhand ein christliches Kreuz auf dem Dach - und im Hintergrund sieht man goldene Pyramiden, die so nicht wirklich nach Aventurien passen. Die Idee mit dem Buchrücken ist wirklich gut, da hat FanPro sich etwas gutes einfallen lassen.
Die zahlreichen Illustrationen in der Spielhilfe stammen zum größten Teil von der bekannten DSA-Zeichnerin Caryad aber auch von anderen bei DSA bekannten Illustratoren, denn nicht wenige der hier verwendeten Illustrationen wurden aus anderen Publikationen übernommen. Die Gestaltung im Inneren wurde auf das neue Layout umgestellt, welches erstmalig mit der Basis-Box der 4. DSA-Edition eingeführt wurde.
Schlußendlich gibt es auch noch als nettes Extra-Gimmick ein Leseband als Lesezeichen, um eine bestimmte Seite zu markieren.
Vom Gebotenen weiß diese Spielhilfe also her zu gefallen, weniger gefällt jedoch das, was man für diese Spielhilfe selber bieten muß: 30,- Euro kostet sie, und das ist noch nicht mal ein zu hoher Preis für diese gebotenen Informationen. Wenn man jedoch bedenkt, daß die Vorgängerbox Die Welt des Schwarzen Auges 49,95 DM kostete und eine bessere Ausstattung bot (eine zusätzliche farbige Landkarte im A2-Format), dann sind die knapp 5,- Euro Preissteigerung für die Hardcover-Ausgabe schon etwas happig.
Doch das ist der einzige Wermutstropfen den die Spielhilfe Geographica Aventuria besitzt. Jeder der sich für Aventurien interessiert, der sollte sich den Kauf dieser Spielhilfe wirklich überlegen - bereuen tut man es sicherlich nicht!
Fazit II (für Besitzer der Box Die Welt des Schwarzen Auges)
Dieses separate Fazit richtet sich an die Besitzer der alten Welt-Box, denn diese haben einen Großteil (rund 80 %) der in dieser Spielhilfe angebotenen Informationen ja schon. Es ist meiner Meinung nach nicht erforderlich, als Besitzer der Box Die Welt des Schwarzen Auges sich diese Spielhilfe zu holen... aber: Wenn man nicht gerade jeden Cent zweimal umdrehen muß, spricht auch nichts dagegen, wenn man sich die Geographia Aventurica holt, denn der Hardcover-Einband hat schon einige Vorteile:
Erstens: Das ganze ist bzw. wirkt deutlich stabiler.
Zweitens: Die Leimbindung hatte den Nachteil, daß man - im Gegensatz zur ganz alten Klammerheftung oder halt auch zu der Hardcover-Bindung - immer Angst haben mußte, den Umschlag "anzuknicken", wenn man den jeweiligen Band bequem auf den Tisch legen wollte, ohne daß er sich "selber umblättert". Außerdem kann bei einer Leimbindung es viel eher geschehen, daß Seiten sich vom Einband lösen.
Drittens: Das ganze wirkt deutlich edler, ein Hardcover-Einband macht mehr her als eine simple Pappbox. Und im Buchregal sieht das ganze meiner Meinung nach auch besser aus, vor allem dann in Kombination mit den kommenden Regionalspielhilfen und der sich dann langsam aber sicher abzeichnenden Aventurien-Karte.
Siehe auch: